Was Culture Design und Gärtnern verbindet von Oliver Graute Wir schreiben das Jahr 2018. Der Ort: Deutschland. Tag 115 ohne Regierung. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) ist im Vorjahr um 2,2 Prozent gewachsen. Wir sind nicht nur Fußball- sondern auch Exportweltmeister. Die Klimaziele 2020 haben wir bis auf weiteres verschoben. Der Wohlstand ist scheinbar nicht mehr aufzuhalten. Wer braucht da schon Schnee? Einige haben trotz allem begriffen, dass diese Zeit des Wohlstands endlich ist, und kümmern sich darum, auch morgen noch Profite zu machen. Das ist weise. Doch wie genau bringe ich den Menschen bei, dass sie etwas oder gar sich selbst verändern müssen, um auch in Zukunft noch in Wohlstand leben zu können. Es läuft doch. Und überhaupt: Never change a running system! |
Das Change-Management der Achtzigerjahre hat uns gelehrt, dass man einen alten Baum nicht ohne Weiteres verpflanzen kann. Gewachsene Strukturen und ausgetretene Pfade kann man nicht einfach konsequenzlos zubetonieren und hoffen, dass die Saat dennoch aufgeht. Kultur lässt sich nicht einfach überstülpen. Schon gar nicht, indem man den Mitarbeitern einen Lebensstil aufzwingt, der ihrer bisherigen Kultur zuwiderläuft. Doch egal, ob sie den Wandel mit der Gießkanne oder dem C-Rohr wässern, Kultur ist nichts, was man mit der Kettensäge zurechtstutzen kann. Vielmehr bedarf es vorsichtiger Hege und Pflege, um das zarte Pflänzchen heranwachsen zu lassen. Und bald darauf investiert man eine ganze Menge Arbeit, damit kein knorriger Stamm, sondern ein biegsames und anpassungsfähiges Gewächs daraus wird. Kultur will gestaltet werden. In Unternehmen verhält es sich genauso, wie in der Welt außerhalb. Betrachtet man die Kultur eines Unternehmens, so wird man ziemlich schnell merken, dass die übergeordnete Firmenkultur in viele kleine Subkulturen zerfällt. Das ist nichts, was einen beunruhigen sollte, man darf diesen Umstand nur nicht aus den Augen verlieren. Solange die Subkulturen der übergeordneten Unternehmenskultur nicht zuwider laufen, zeugt der Umstand von einem gesunden Unternehmen. Man stelle sich nur einmal vor, was passieren würde, wenn alle im Unternehmen gleichgeschaltet wären. Finance und R&D, Marketing und HR? Wir alle wollen doch, dass die Einstellung jedes Einzelnen zur Aufgabe passt, die er oder sie im Unternehmen inne hat. Risikofreudigkeit ist eine Eigenschaft die uns an Sportlern gefallen mag, an unserem Steuerberater jedoch halten wir sie zu recht für bedenklich. Der Wandel der Unternehmenskultur kann also nur mit Bedacht und überaus behutsam vonstatten gehen. Führungskräfte müssen in dieser Angelegenheit in Jahren und nicht in Projekttagen denken, wenn sie sich daran machen, einen Urwald zu einem Garten umzugestalten. Der Ungeduldige würde alles mit schwerem Gerät umpflügen und nach seinen Vorstellungen neu pflanzen. Doch es würde Jahre, wenn nicht sogar Jahrzehnte dauern, bis daraus ein ansehnlicher Garten erwachsen würde, der dem Betrachter natürlich und ästhetisch erscheint. Der Weise hingegen, arbeitet mit der Landschaft und dem vorhandenen Bestand, setzt hier und da Schnitte, entledigt sich des ein oder anderen Totholzes, pflanzt Neues in der Nähe von bereits entwickeltem Grün und fügt alles zu einem natürlich wirkendem Ganzen zusammen, als wäre es schon immer dagewesen. Gut Ding will eben Weile haben. Es gilt also, zunächst das Unternehmen als Organismus zu sehen, ihn zu betrachten und zu durchdringen. Wenn die Kultur betrachtet und schließlich verstanden wurde, dann kann man sie auch beeinflussen. Mit Culture Design. Doch bedenke stets: Ein inspirierender Gedanke oder eine Idee ist ein besserer Gärtner, als der Zwang. Über den Autor Oliver Graute ist Storytelling-Experte bei der business design people AG. Nach dem Grafik-Design-Studium arbeitete er zunächst in einer klassischen Werbeagentur, bis er sich als Verleger selbstständig machte. Neben Grafik- und Modedesign, illustriert und gestaltet er Bücher und Cover, konzipiert und erschafft Erfahrungswelten, schreibt Romane, Kurzgeschichten, Gedichte und Texte zu Erzähl- und Computerspielen, leitet Workshops und Seminare. Mit über 20 Jahren Erfahrung als Verleger sind ihm sämtliche Teilbereiche der Medienbranche bestens vertraut. Seit 2016 arbeitet er als CCO und Business Designer an der Entwicklung innovativer Geschäftsmodelle und praktischer Tools zur Förderung innovativer Unternehmenskulturen. |